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Steininseln und Müllberge

Aktualisiert: 15. Feb. 2022

Als wir im Sommer 2021 zum ersten Mal die schwedischen Schären im Süden und Osten des Landes besuchten, wurde uns schnell klar, dass das Müll-Problem auch schon in der Ostsee angekommen ist. Würden man doch denken, dass auf einer unbewohnten Stein-Insel, die selbst nicht größer als ein Einfamilienhaus ist, und die nur mit einem eigenen Boot zu erreichen ist, kein Müll herum liegen sollte. Wir mussten recht schnell feststellen, dass dies ein Irrglaube ist.


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Ein Boot ist ein begrenzter Lebensraum und bietet nicht viel Platz für Bewegung. Wir beide sind allerdings Menschen, die einen sehr großen Bewegungsdrang haben. Deshalb machen wir meistens direkt nach dem Anlegen los und begeben uns auf Erkundungstour. So haben wir in Schweden unzählige Schäreninseln zu Fuß umrundet. Egal an welchem Strand wir unterwegs sind, wir versuchen den Müll, den wir sehen, mitzunehmen und zu entsorgen.

Das gelingt je nach Größe der Dinge, die wir finden, mal mehr und mal weniger gut, aber zumindest nehmen wird das mit, was wir tragen können. So gingen wir dieser Gewohnheit auch während unserer Spaziergänge auf den Schären nach. Bereits auf der ersten Insel wurde uns klar, dass wir wohl mehr Müll aufsammeln würden, als wir vermutet hatten. Angefangen mit einer kleinen Plastikflasche wussten wir ab der Hälfte der Insel nicht mehr, wie wir all den Müll, den wir fanden, tragen sollten. Hauptsächlich fanden wir PET-Flaschen und andere Plastik-Verpackungen aus aller Welt, aber auch eine komplette Gartentisch-Garnitur. Offensichtlich musste dieser Müll angespült worden sein. Auf den Inseln lebt niemand und der Müll sammelt sich meist an Stellen, die stark von Schilf und Seegras bewachsen sind. Zudem waren unsere Fundstücke augenscheinlich schon lang unterwegs gewesen. Die meisten Etiketten waren nicht mehr lesbar und von der Sonne verblichen. So mancher Plastik-Müll zersprang in unseren Händen in tausende Teile, weil er schon porös geworden war.


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Neben Plastik aller Art fanden wir auch sehr viel hinterlassenen Fischerei- Müll. Tatsächlich machten Netze und Köder einen gewaltigen Teil unserer Funde aus. Das gefährliche an diesem Wirrwarr an Schnüren ist, dass sich Meerestiere und Vögel darin verheddern und schließlich versterben können. Einmal fanden wir sogar ein Fischernetz voller Fisch, welches offensichtlich vergessen worden war. Wenn Fisch mit einem Netz gefangen wird, dann wird dieser offensichtlich nicht direkt nach dem Fang getötet. Zudem kann ein Fisch nicht ertrinken, sodass der Tod in einem Netz wohl durch Entkräftung geschehen muss. Zusätzlich führt die Fischerei mit Netzen dazu, dass ungewollter Beifang, wie z.B. Robben und Schweinswale, ebenfalls genauso elendig in solchen Netzen verrecken (1). Man kann von der Fischerei halten was man will, aber schockierend war es schon, welch eine große Menge an Hinterlassenschaften wir fanden und wie wenig Respekt Lebewesen gegenüber gezeigt wird. Aber das ist ein anderes Thema…



Jedenfalls sammelten wir auf jeder Schäreninsel die wir besuchten mindestens einen Sack voll Müll, manchmal sogar mehr. Die Ostsee ist ja noch vergleichsweise ein kleines Gewässer.

Jedoch sollen hier durchschnittlich pro 100 Meter Küstenlinie 700 Müllteile zu finden sein (2). Wir wollen uns gar nicht vorstellen, was die wirklich großen Meere dieser Welt an Müll mit sich führen. Angeblich gelangen jährlich um die fünf Millionen Tonnen Plastikmüll in die Meere (3). Da wir oft tagelang nicht im Hafen waren und deshalb den gefundenen Müll nicht entsorgen konnten, musste unser Dinghy als vorübergehendes Müll-Depot herhalten. Bei der nächsten Möglichkeit führten wir unseren Fund dann dem Müll-Kreislauf wieder zu.


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Diese ganze Sache lies uns ein noch stärkeres Bewusstsein für das Thema entwickeln, weil es uns an einem Ort einholte, an dem wir absolut nicht damit gerechnet hätten. Wir versuchten in der Konsequenz bei unseren Einkäufen darauf zu achten, Produkte zu kaufen, die möglichst unverpackt sind. Das ist in Schweden aber sehr schwierig. Es ist noch mehr in Plastik verpackt, als wir das bereits von Deutschland kannten. Irgendwie fühlten wir uns in dieser Situation sehr hilflos. Man möchte einerseits dazu beitragen, das Müll-Problem in den Griff zu bekommen, andererseits wird es einem sehr schwer gemacht.


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Dass Müll-Aufsammeln nicht die Lösung für dieses Problem ist, ist uns bewusst. Aber wir fühlen uns zumindest etwas besser, wenn wir es einfach machen. Natürlich weiß niemand so wirklich, was mit dem Müll passiert, den wir finden und wegschmeißen. Aber zumindest ist die Gefahr gebannt, dass irgendein Tier den herumliegenden Müll verzehrt, oder das Wasser weiter die herumschwirrenden Plastikteile zerkleinert, bis diese von Meerestieren gefressen werden. Neben dem Müll-Aufsammeln trägt ein bewusster Umgang mit Plastik und der Verzicht auf einen unnötigen Gebrauch dazu bei, dass erst gar nicht so viel davon in Umlauf gebracht wird. Man sollte sich bewusst machen, dass jeder noch so kleine Schritt zählt. Auch wenn es leicht ist zu denken, dass die eigenen Möglichkeiten, angesichts des globalen Müll-Problems, nur Tropfen auf dem heißen Stein sind - man sollte sich nicht entmutigen lassen. Die Natur wird uns jeden noch so kleinen Beitrag danken.


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