Boot-Refit 2022
- svenjaschauerte
- 21. Mai 2022
- 6 Min. Lesezeit
Nach knapp einem viertel Jahr auf Stelzen, konnten wir es Ende April diesen Jahres kaum erwarten, unsere Onilka wieder ins Wasser zu lassen. Es lagen ein langer Winter und insgesamt 3 Wochen Boot-Refit hinter uns. Wir hatten zu Beginn des Winters schon eine Liste mit Arbeiten gemacht, die wir unbedingt vor unserem erneuten Ablegen im Frühjahr fertig haben wollten. Allerdings kamen unverhofft viele „Kleinigkeiten“ hinzu. Dass ein Boot viel Arbeit macht, war für uns nichts neues. Dennoch waren wir teilweise verwundert darüber, wie sich, sobald die eine Sache fertig ist, die nächste von ganz alleine ergibt.

Unterwasserschiff und Rumpf
Außen am Boot mussten wir diesen Winter unbedingt den Coppercoat am Unterwasserschiff von Seepocken befreien und anschleifen. Coppercoat ist eine Beschichtung auf Basis von Kupfer und Epoxit und soll genau so wie Antifouling den Bewuchs am Unterwasserschiff verhindern. Angeblich soll diese Art von Beschichtung 10 Jahre lang wirksam sein. Lediglich das Anschleifen ist notwendig, um die Wirkung des Coppercoats zu reaktivieren. Am besten funktionierte das mit akribischer Handarbeit, da nicht zu viel abgeschliffen werden durfte.
Zudem hatten wir uns vorgenommen, den Rumpf oberhalb der Wasserlinie neu zu lackieren, da der alte Gelcoat schon überall Risse und Onilka schon verdammt viele Altersflecken bekommen hatte, die sich auch nicht mehr weg polieren ließen. Eigentlich hatten wir uns in den Kopf gesetzt, unsere alte Dame mit ordentlich Farbe aufzupeppen. Unsere Vorstellungen gingen von einem dunklen Grün über ein Crème bis hin zu Quietschgelb. Nach einer ausgiebigen Beratung im Bootsladen und eine realistische Einschätzung unserer Lackier-Skills, entschieden wir uns für einen Zwei-Komponenten-Lack in ihrer ursprünglicher Farbe weiß.

Die Vorbereitung und Verarbeitung des Primers und Lacks lief besser als gedacht. Lediglich hätten wir etwas mehr Primer in Reserve kalkulieren sollen, da der alte rissige Rumpf das Zeug aufsog wie sonst was. Zudem stellten wir fest, dass herkömmliche Maler-Rollen absolut nicht zu gebrauchen sind, da sich diese bereits nach kurzem Kontakt mit dem Lack anfingen aufzulösen.

Aufgrund der neuen Außenlackierung mussten wir auch Onilka´s Schriftzüge erneuern. Die Alten zu entfernen, war nicht wirklich ein Problem. Wir nutzen ein Messer mit einer sehr scharfen und stabilen Klinge, hatten zuvor auch gelesen, dass ein Ceranfeld-Schaber ein sehr gutes Werkzeug dafür sein soll. Wir mussten für das Abtragen weder die alten Schriftzüge erhitzen noch irgend eine andere Art von Vorbehandlung anwenden.

Kaminofen-Einbau
Da unsere Reisepläne der nächsten Zeit und eher in kalte Gegenden verschlagen würden, hatten wir uns zudem vorgenommen, einen kleinen Holzofen einzubauen. Der Einbau eines Kaminofens bringt mit sich, dass man ein großes Loch ins Deck bohren muss. Das ist mental sehr schwierig zu begreifen, die eigentliche Bohrung ging dann, mit dem passenden Lochbohrer, erschreckend einfach. Die eigentliche Herausforderung war es tatsächlich, das passende Kamin-Ofenrohr zu finden. Wir hatten das Problem, dass unser Ofenrohr einen Winkel haben musste. Im Baumarkt fanden wir ein passendes Exemplar, was als Pellet-Ofenrohr deklariert war. Dieses brannte nach ein paar Malen Benutzung fast völlig durch (bzw. löste sich der Lack ab und deshalb lag immer ein unangenehmer Geruch in der Luft). Dieses Pellet-Ofenrohr tauschten wir dann gegen ein Edelstahl-Rohr, welches wir uns vom Metallbauer passend schweißen ließen und seither perfekt funktioniert.
Neuer Großbaum
Darüber hinaus hatten wir im Winter einen neuen Großbaum auf Ebay geschossen. Das wir einen neuen Großbaum mit einem einfacheren Reff-System unbedingt brauchen, wurde uns auf den Überfahrten klar, auf denen es uns bei viel Wind und Welle sehr viel Überwindung gekostet hatte das Segel zu reffen. Das umständliche alte System hatte uns regelrecht davon abgehalten, unsere Segelfläche angemessen zu verkleinern. Daraus waren schon viele unangenehme Situationen entstanden. Der Preis war für unseren neuen Selden-Großbaum mit Einleinenen-Reffsystem zu schön um war zu sein gewesen. Jedoch war der neue Baum einen guten Meter zu lang, was uns erst so richtig bewusst wurde, als wir das Ding in Hamburg auf unser Autodach laden wollten. So mussten wir den neuen Baum vor Montage noch kürzen. Jetzt, wo wir schon wieder ein paar Tage unterwegs sind, merken wir, wie sehr sich dieses Upgrade gelohnt hat. Reffen ist nun gar kein Problem mehr und macht schon fast richtig Spaß!
Optimierung des Innenraums
Auch wenn wir unser Hab und Gut zwangsläufig schon sehr verkleinert haben, damit alles auf unseren 30 qm Lebensraum platz findet, wollten wir innen mehr Stauraum schaffen. Uns war aufgefallen, dass Onilka noch viel Platz unter ihren Bänken vor uns geheim gehalten hatte, welchen wir durch neue Klappen zugänglich machten.

Auch verkleinerten wir unseren Kartentisch, was viel mehr Platz in diesem gedrungenen Bereich schaffte und vor allem die Hundekoje zugänglicher machte. Denn unsere Hundekoje ist der Ort, an dem wir unser ganzes Kite-Equipment verstauen. Jedes Mal war es uns ein Grauen, dort unser Zeug herauskamen zu müssen. Im Zuge dieser Umbaumaßnahme demontierten wir auch die alte Holzverkleidung der Wände, da sich dort immer Feuchtigkeit angesammelt hatte. Das ist nicht nur für unsere Kites auf Dauer ein Todesurteil. Wir isolierten die gesamte Koje und verkleideten sie mit neuem, feinsten Mahagoni-Sperrholz. Den alten Kartentische tauschten wir gegen eine kleinere selbstgebaute Version.
Da man unserem Holzboden die letzten Jahrzehnte deutlich ansehen konnte, wollten wir diesen vom alten Lack befreien und ölen. Außerdem strichen wir einige unserer Wände weiß, um den Innenraum etwas heller und freundlicher zu machen. Auch wenn der Innenausbau alter Boote noch qualitativ viel hochwertiger ist als der neuerer Yachten, kann dieser durch das meist sehr dunkle Holz recht bedrückend wirken. Nachdem wir ein paar Wände heller gestrichen hatten, bekam der Salon einen ganz anderen Charakter.
Ungeplante to Do´s
Zu diesen von uns geplanten Vorhaben, wie sollte es auch anders sein, kamen ungeplant noch mehr Dinge hinzu, die gemacht werden mussten. So viel uns am letzten Tag unseres Boot-Refits an Land auf, dass ein Borddurchlass undicht war. Dadurch, dass wir unseren Holzboden im Boot geschliffen und geölt hatten, zeichnete sich nach einiger Zeit, um ein Seeventil herum, außen ein großer Ölfleck hab. Das Öl musste wohl irgendwie am Seeventil entlang seinen Weg nach draußen gefunden haben. Da wir nicht riskieren wollten, einen undichten Borddurchlass irgendwo auf See festzustellen, entschieden wir uns nach reiflicher Überlegung dazu, diesen zu erneuern und verschoben unseren Krantermin um zwei Tage nach hinten. Wir waren uns recht unschlüssig, ob wir diesen Schritt wirklich selbst wagen sollten, da wir bei unserer Recherche im Internet nicht viele Informationen zu finden waren, wie man am besten dabei vorgeht.

Unser Borddurchlass war einer der letzten original einlaminierten Borddurchlässe unseres Bootes. Die meisten anderen waren im Laufe der Jahre von diversen Vorbesitzern bereits gewechselt worden. Die erste Herausforderung war es, herauszufinden, wie man am besten den alten Borddurchlass entfernt. Für uns funktionierte es, im Inneren den Durchlass und außen die Konter-Fläche abzuflexen. Danach ließ sich der Durchlass nach Innen hin herausdrehen.
Da der neue Borddurchlass mindestens einen Tag trocknen musste, blieb uns viel Zeit, in der uns nur noch mehr Sachen auffielen, die noch gemacht werden sollten. So wechselten wir die Schläuche unserer Bord-Toilette, da wir gar nicht genau wussten, wie viel diese schon erlebt hatten. Das war mit Abstand die unangenehmste Arbeit des ganzen Refits (und wir ersparen euch auch die Bilder dazu). Auch optimierten wir noch „mal eben“ das Regal unserer Kombüse, tauschten unseren Wasserhahn aus, welcher den Winter nicht überlebt hatte, erneuerten das Abwassersystem der Küche, checkten das Rig, verpassten Teilen der Bilge einen neuen Anstrich, säuberten und imprägnierten die Sprayhood, besserten das Unterwasserschiff unseres Dinghys aus und und und… Es schien so, als wollten die Bootsarbeiten kein Ende nehmen. Da half nur eins, Boot ins Wasser und Leinen los! Natürlich gibt es am Boot immer etwas zu tun und in der Regel machen uns diese Arbeiten auch Spaß. Aber nun war es erstmal genug und wir freuten uns riesig darauf, unsere ganzen Upgrades in Gebrauch auf See zu testen und zu genießen.
Unser Fazit nach über 3 Wochen Boot-Refit:
1. Unbedingt nicht an Arbeitsschutzmaßnahmen wie Atemschutzmasken und Schutzbrillen sparen, auch wenn die ganzen alten Seebären auf der Werft wenig davon wissen wollen.
2. Gemeinsames wohnen und arbeiten auf einer Baustelle, die zusätzlich noch auf Stelzen steht und nur über eine Leiter erreichbar ist, funktioniert nur mit einer guten Planung und Arbeitsaufteilung.
3. Im Baumarkt, zumindest an der Küste, gibt es auch gutes Bootszubehör, was wesentlich günstiger ist als im Yacht-Shop (bis auf Lackier-Rollen, diese sollten als Bootszubehör gekauft werden).
4. Nicht zu perfektionistisch sein, vor allem bei einem Boot, was schon 40 Jahre auf dem Buckel hat.
5. Dinge, die „mal eben“ gemacht werden wollen, sind meist Tagesprojekte.
6. Arbeiten am Boot werden niemals enden.
Wenn du mehr über unseren Boot-Refit wissen möchtest, kannst du uns gerne schreiben oder unter diesem Beitrag kommentieren.











































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